tbillert hat geschrieben:Ah so, jetzt habe ich den Kalle erst richtig verstanden.
Fringelit-Faerbung ist so selten nicht. Mein zweiter Fund (im Januar im Rennen) ist noch viel violetter. Man geht davon aus, dass es sich hier um eine Erhaltung der originalen Farbe der Crinoiden handelt, da man aehnliche Pigmente auch bei heutigen Echinodermen noch findet.
Dazu vielleicht diese Literatur:
http://www.rzuser.uni-heidelberg.de/~bl ... ms2001.pdf
Klaus Wolkenstein & Heinz Falk - Hypericin: Was Fossilien und Heilpflanzen gemeinsam ist, FOSSILIEN 5/06, S. 268
http://webdoc.sub.gwdg.de/univerlag/2004/GeoBio.pdf ab S. 258
EDIT: oops, Stephan war schneller
Gruss,
Thomas.
Servus miteinander!
Erstens:
Ich gratuliere dem Sieger und dem haarscharf unterlegenen Zweiten! Es war ein packendes Rennen – aber an äußerst knappe Wahlentscheidungen gewöhnen wir uns ja wohl (Niedersachsen von gestern)
Zweitens:
Da sich hier ein erfreuliches Interesse für „Fringelite“ (Substanzgruppe) zeigt, möchte ich nachhaken.
Mein Kenntnisstand ist, vielleicht gibt es aber schon einen neueren als meinen (und den oben verlinkten), dass Fringelite als Pigmente in diesen Seelilien weitestgehend nicht bestätigt wurden.
In der oben verlinkten Literatur heißt es im Kurzvortrag von W
OLKENSTEIN, G
ROSS, F
ALK und S
CHÖLER (2004):
„Die analytischen Ergebnisse zeigen, dass (...) es sich bei den von Blumer als Fringelite bezeichneten Verbindungen in Wirklichkeit um eine Serie von Hypericin-Derivaten handelt“.
In seiner Dissertation (Heidelberg, 2005) „Phenanthroperylenchinon-Pigmente in fossilen Crinoiden: Charakterisierung, Vorkommen und Diagenese“ (kann im Internet gefunden werden) belegt W
OLKENSTEIN dies anhand belastbarer analytischer Ergebnisse und kommt u. a. zum Schluss „Die Untersuchungen der vorliegenden Arbeit zeigen, daß violette Färbungen der fossilen Crinoiden
Liliocrinus munsterianus (Oberer Jura),
Carnallicrinus carnalli (Mittlere Trias) und
Encrinus cf.
spinosus (Mittlere Trias) durch Einschlüsse des organischen Naturstoffs Hypericin sowie nahe verwandter Derivate hervorgerufen werden. Dabei handelt es sich um nahezu original erhaltene Pigmente bzw. um nur gering veränderte Diageneseprodukte, wie aus der In-situ-Erhaltung der Verbindungen und aufgrund des Vorkommens von ähnlichen Hypericinderivaten in heutigen Crinoiden geschlossen werden kann.“
Unabhängig davon, dass bei den von W
OLKENSTEIN untersuchten fossilen Seelilien die vormals als Fringelite postulierten Pigmente Hypericin-Derivate sein sollten, sind mir keine entsprechenden Untersuchungen an
Encrinus lilliformis bekannt. Freilich ist es aber sehr naheliegend, dass es sich auch hierbei um Hypericin-Derivate handeln dürfte.
Zwei Sachverhalte sind es, die mich an diesen Untersuchungsergebnissen besonders interessieren und faszinieren:
- 1. Organische Moleküle, gerade auch organische Farbstoffe, sind ja häufig nicht besonders stark licht-, säure-, basen- und oxidationsstabil. In den fossilen Seelilien aber haben diese Pigmente sich (mit teilweisem, diagenetisch bedingtem Abbau) original über viele Millionen Jahre im Stein erhalten.
2. Hypericin begegnet uns allen häufig Ende Juni am Wegrand mit dem Gemeinen Johanniskraut (Hypericum perforatum). Wer eine seiner Blütenknospen zerreibt, wird einen violettroten Hypericin-Fleck sehen. Die recht komplexe chemische Struktur wurde also über viele Millionen Jahre hinweg von der Natur erzeugt und findet sich heute auch im Pflanzenreich. Sie hat als gesichert mild wirkendes, stimmungaufhellendes Antidepressivum sogar die Angriffe gegen Phytopharmaka erfolgreich überstanden.
Zur Funktion dieser Stoffgruppe in Seelilien regen W
OLKENSTEIN et al. die Überlegung an, dass sie als Fraßgift gewirkt haben könnte. Es wäre interessant, welche Hypothesen zum heutigen Vorkommen in
Hypericum aufgestellt sind.
Zusammenfassend und nicht ganz ernst gemeint möchte ich sagen:
Stimmungsaufhellend dürfte es allemal sein, so schöne, rosaviolettfarbene Seelilien wie die von Thomas in seiner eigenen Sammlung betrachten zu können.
Beste Grüße
Michael