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von WolfgangW » Freitag 12. April 2024, 08:51
Wie versprochen habe ich den aktuellen Wissensstand zum Thema „Radioaktivität fränkischer Kieselhölzer“ recherchiert und nachfolgend nach bestem Wissen und Gewissen zusammengefasst. Als Laie musste ich mich dafür allerdings erst in die nicht ganz einfache Thematik einarbeiten, was etwas gedauert hat. Meine Quellen waren - neben Informationen aus dem Internet - folgende Veröffentlichungen (vielen Dank an all diejenigen, die mich bei der Beschaffung dieser Literatur unterstützt haben):
(1) Rumpel, D.; Zastrow, E. 1982: Radioaktivität von Kieselhölzern - Verteilung in den fränkischen Fundstellen. Geol. Bl. NO-Bayern 32: 45 - 57, Erlangen
(2) Zastrow, E. 1980: Uranvererzung in Kieselhölzern aus Oberfranken. Geol. Bl. NO-Bayern 30: 91 - 99, Erlangen
(3) Lorenz, J. (Hrsg.). 2023: Aus Holz wurde Stein: Fossiles und „versteinertes“ Holz aus Wetterau, Vogelsberg, Spessart, Rhön und Franken. Mitteilungen des Naturwissenschaftlichen Museums der Stadt Aschaffenburg, Band 31, Karlstein a. Main
(4) Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft (SMUL). 2018: Natürliche Radioaktivität - Im Alltag und an Arbeitsplätzen, Dresden
1982 untersuchte D. Rumpel 900 Hölzer von 30 fränkischen Fundstellen auf Radioaktivität. Bei der Messung wurden die Hölzer mit der Eintrittsfläche eines Zählrohrs allseitig auf Kontakt umfahren, und der höchste auftretende Wert der Impulsrate für Alpha- und Betastrahlung als deren Aktivität definiert. Das Ergebnis dieser eher qualitativen Untersuchungen war wie folgt:
An Kieselhölzern von Fundstellen südlich von Bamberg (also beispielsweise auch aus den Landkreisen Roth und Erlangen-Höchstadt) konnte keine Radioaktivität nachgewiesen werden. Nur nördlich von Bamberg waren Hölzer mit merklicher Aktivität zu finden. Im Einzelnen stammten diese von den Fundstellen Birkenfeld, Burgpreppach, Dietersdorf, Gleismuthausen, Hohnhausen, Köslau, Lützelbuch, Maroldsweisach und Rattelsdorf. Die Radioaktivität war auf einen erhöhten Urangehalt zurückzuführen. Dabei wurde festgestellt, dass der Urangehalt der Hölzer nördlich von Bamberg von SO nach NW zunahm. Radioaktives Begleitgestein wurde nicht gefunden.
Bei den von der nordwestlichsten Fundstelle Wachtelrangen nahe Gleismuthausen (Landkreis Staffelstein) stammenden Hölzern konnte D. Rumpel bei etwa 3% der Stücke Impulsraten zwischen 10000 und 14000 Impulse pro Minute gemessen. Bei 11 % der Stücke lag die Impulsrate zwischen 5000 und 10000, bei 43% zwischen 1000 und 5000 und bei den restlichen 43% unter 1000. E. Zastrow konnte für diese Hölzer einen maximalen Urangehalt von 0,15 Gewichts-% nachweisen. Dabei war das Uran wolkig-homogen über die Proben verteilt, mit einzelnen konzentrierten Stellen.
Bei den von der südöstlichsten Fundstelle Rattelsdorf nahe Bamberg stammenden Hölzern konnte E. Zastrow hingegen an etwa der Hälfte der untersuchten Stücke nur eine leicht erhöhte Aktivität feststellen. Lediglich in einem Fall lag die Impulsrate bei 600 Impulsen pro Minute, bei den restlichen Stücken bei maximal 300.
Dies deckt sich mit den Aussagen aus dem gerade erst erschienenen Band 32 der Mitteilungen des Naturwissenschaftlichen Museums der Stadt Aschaffenburg zu fossilem Holz. In einer umfangreichen Sammlung mit Kieselhölzern aus dem Landkreis Roth fand sich kein einziges uranhaltiges Stück, während aus den weiter nördlich und nordwestlich gelegenen Mainschottern vereinzelt uranhaltige Stücke beschrieben werden. Insgesamt sei die Anzahl der uranhaltigen fossilen Hölzer - gemessen an der Zahl der untersuchten Hölzer - jedoch sehr gering. Interessant ist der Hinweis, dass einige uranhaltige Hölzer unter kurzwelligem UV-Licht eine intensive grüne Fluoreszens zeigen, die jedoch bei höheren Eisengehalten auch überdeckt sein kann.
Ein Erklärungsmodell, das zu den bislang vorliegenden Befunden passen würde, wäre folgendes:
Als Quelle der Keupersande kommen granitische Gesteine in Frage, die etwas höher Urangehalte aufweisen. Die Durchlüftung temporärer, im Inneren des Keuperbeckens entstandener Flachwasserseen reichte aus, um eingeschwemmtes Uran als 6-wertige Uranylionen in Lösung zu bringen. Der im Holz vorkommende Kohlenstoff wirkte anschließend als Reduktionsmittel, so dass das Uran ausfiel und in Form von Mineralien wie Uraninit und /oder Coffinit im Holz fixiert wurde. Dies muss vor oder während der Verkieselung des Holzes erfolgt sein, da ein anschließendes Eindringen von Uranyl-Ionen in den festen Quarz ausgeschlossen werden kann (im Bereich von Rissen im Kieselholz wurde keine höhere Aktivität festgestellt als im Rest des Materials). Das im Kieselholz gebundene Uran ist extrem verwitterungsbeständig und damit nicht mehr wanderfähig. In Trockenperioden verkleinerten sich die Flachwasserseen in Richtung NW, was zu einer höheren Urankonzentration im Wasser und damit auch anschließend in den unter diesen Umständen gebildeten Kieselhölzern führte. Weiter südlich reichte der Zeitraum, in dem die Hölzer durch uranführende Wässer bedeckt waren, offenbar nicht aus bzw. waren die Urankonzentration im Wasser zu gering, um höhere Urankonzentrationen durch den oben beschriebenen Mechanismus in den Kieselhölzern entstehen zu lassen. Daher zeigen diese Hölzer keine erhöhte Aktivität.
Will man die für Kieselholz festgestellten Aktivitäten (Impulse pro Minute ohne Bezug auf die Masse des Kieselholzes) mit anderen natürlichen Strahlungsquellen vergleichen, scheitert man leider daran, dass Aktivitäten üblicherweise als spezifische Aktivitäten in Becquerel pro kg Material angegeben werden, wobei 1 Becquerel einem Zerfall (Impuls) pro Sekunde entspricht. Dennoch habe ich im Nachfolgenden ein paar Angaben zusammengestellt, die ich der Veröffentlichung „Natürliche Radioaktivität - Im Alltag und an Arbeitsplätzen“ des Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft entnommen habe. Durch die Einlagerung natürlicher Radionuklide in die Knochensubstanz und Organe enthält der menschliche Körper radioaktive Stoffe (hauptsächlich Kalium-40), deren Aktivität bei etwa 120 Becquerel pro kg Körpergewicht liegt. Das in Granit natürlicherweise vorkommende Kalium-40 verursacht eine Aktivität in einem Bereich zwischen 600 und 4000 Becquerel pro kg, in Ziegeln und Klinker immerhin noch zwischen 100 und 2000 Becquerel pro kg. Interessant ist auch noch folgende Angabe, die ich im Internet gefunden habe: In Deutschland sind für Lebensmittel Belastungsgrenzwerte für Radioaktivität festgelegt. Sie liegen pro Kilogramm Nahrung bei 600 Becquerel, für Babynahrung und Milch ist der Wert mit 370 Becquerel deutlich niedriger.
Die in Kieselhölzern vorkommenden Uranisotope zerfallen über zahlreiche Zwischenprodukte unter überwiegender Abgabe von Alpha- und Betastrahlung bis hin zu stabilen Bleiisotopen. Nur bei Bildung eines dieser Zwischenprodukte entsteht dabei auch ein verschwindend geringer Anteil an Gamma-Strahlung (0,16%).
Meine ganz persönliche Gefährdungseinschätzung:
Die Reichweite von Alphastrahlung beträgt in der Luft nur wenige Millimeter bis maximal zehn Zentimeter und schon ein Blatt Papier reicht aus, um sie abzuschirmen. In organisches Material dringt Alphastrahlung nur bis etwa 40 Mikrometer ein. Beim Menschen entspricht das der Dicke der obersten Hautschichten, die nur aus toten Zellen bestehen. D.h. Alphastrahlung außerhalb des Körpers ist als unkritisch einzuschätzen. Werden Alphastrahler hingegen durch Nahrung oder Einatmen in den Körper aufgenommen, sind sie ungleich gefährlicher, da sie dann lebende Zellen schädigen können. Betastrahlung hat in Luft eine deutlich größere Reichweite, die je nach Energie der Strahlen einige Zentimeter bis wenige Meter beträgt. Schichten von dichteren Materialien wie Aluminium, Glas oder Plexiglas schirmen Beta-Strahlung schon bei wenigen Millimetern Dicke ab. Ist der menschliche Körper von außen kommenden Betastrahlen ausgesetzt, können Hautschichten geschädigt werden. Wie auch bei den Alphastrahlern sind Betastrahler deutlich gefährlicher, wenn sie in den Körper aufgenommen werden.
Bei Kieselhölzern sind die Radionuklide zum Glück fest in den Quarz eingebunden, so dass die Gefahr von Abrieb und damit Aufnahme in den Körper aus meiner Sicht als vernachlässigbar gering einzustufen ist. Bei verdächtigen Stücken könnte es sich allerdings empfehlen, sie in einer Vitrine hinter einer Glasscheibe aufzubewahren.