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Steinkern.de Adventskalender 2023
Liebe Steinkerne,
Udo (alias Freakshow) hatte die schöne Idee, dass wir dieses Jahr wieder einmal einen Steinkern-Adventskalender machen könnten. Dieser orientiert sich am Steinkern-Adventskalender von 2020, wurde jedoch zur Vereinfachung der Abläufe ins Steinkern-Forum verlagert. Alle Mitwirkenden haben ihre Beiträge selbst zusammengestellt, sodass es individuell und für alle überraschend wird – keiner weiß bisher, was der Kalender ganz genau enthalten wird.
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Nachtrag am 24. 12.:
Liebe Mitglieder, wir hatten Euch gebeten, das Kalender-Thema vor Weihnachten nicht zu kommentieren (oder dazu separate Themen zu eröffnen
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In diesem Sinne: Frohes Fest!
Sönke stellvertretend für die Steinkern-Redaktion
Ich habe die Ehre, heute mit dem 1. Türchen beginnen zu dürfen:
1. Dezember 2023: Ein Ammonitengrab aus dem Unterjura von Dorset
von Sönke Simonsen, mit einem Fossilfund von Matt Cape
Seit meiner ersten Dorset-Reise im Jahr 2011 sind mir die landschaftlich reizvollen und nach wie vor ergiebigen Fundorte der südenglischen Jurassic Coast ans Herz gewachsen. Kein Zufall also, dass meine Wahl für das 1. Türchen des Adventskalenders auf ein Stück aus Dorset fiel.
Abb. 1: Blick am Stonebarrow Hill entlang in Richtung Westen zum Heritage Coast Centre in Charmouth, auf den Black Ven und nach Lyme Regis. Am Fuße der Steilküstenabschnitte lassen sich wunderschöne Unterjura-Fossilien finden.
Die gute Fossilerhaltung und Vielfalt der Lias-Fossilien an den Kliffs bei Lyme Regis und Charmouth verblüffen mich Exkursion für Exkursion aufs Neue. Sie erschließen sich aber hauptsächlich demjenigen, der sich eine gute Gesteinskenntnis angeeignet hat. Wer das erste Mal nach Dorset fährt, wird von den Funden oft eher enttäuscht sein, es sei denn, er reist in fachkundiger Begleitung oder hat vorab sehr viel Zeit in Recherchen investiert und generell viel Erfahrung.
Auch wenn ich mittlerweile so Manches selbst gefunden habe, vom Ichthyosaurier-Torso bis zum zerfallenen Hybodus-Gebiss, von Kalzit-Ammoniten bis hin zu Schlangensternen – ein Ammonitenpflaster aus dem Sinemurium besaß ich bislang noch nicht. Zwar wurde ich leider auch bei meiner letzten Reise im März 2023 in dieser Hinsicht nicht selbst fündig, doch hatte ich das Glück von meinem englischen Freund Matt Cape (Dorchester), mehrere unpräparierte Sinemurium-Konkretionen zu bekommen (many thanks again, Matt!), von denen ich eine nachfolgend vorstellen möchte, die ich bereits präparieren konnte.
Seit jeher bei Lokalsammlern und Dorset-Reisenden gleichermaßen begehrt, sind die Kalkkonkretionen der Obtusum-Zone (u. a. die sogenannten Flatstones und Woodstones), deren bekannteste Repräsentanten kalzitische Ammoniten der Gattungen Promicroceras und Asteroceras sind. Die herrlichen Farben des Kalzits (Gelb- und Brauntöne), die schön mit dem grauen Matrixgestein kontrastieren, aber auch die Tatsache, dass sie manchmal schon am Strand als Hammerschlag-Finish freiplatzen, machen sie zu Dorsets „most wanted ammonites“.
Das Potenzial anderer Sinemurium-Konkretionslagen mit schlechter trennendem Material, wo „ lucky splits“ nicht an der Tagesordnung sind und Sticheln auch eher mühsam ist, hat sich dagegen erst in den letzten Jahren in voller Pracht erschlossen: Feinstrahltechnik macht´s möglich!
Mit Erfolg angewendet wird diese Technik u. a. auch bei der Freilegung von Konkretionen der Turneri-Zone, die unterhalb der Obtusum-Zone liegt und z. B. Ammoniten der Gattungen Microderoceras, Caenisites, Promicroceras und Cymbites enthält. Früher wurden hier nur größere Ammoniten gesammelt und präpariert, die Ammonitenpflaster bestenfalls als „splits“ gesammelt.
Die Konkretionen, die ich von Matt bekam, stammen aus der besagten Turneri-Zone (Shales-with-Beef-Member) von Charmouth. Die Präparation einer der Konkretionen darf ich hier zeigen:
Abb. 2: Der 22,5 cm x 11 cm Rohling, wie von Matt gefunden. Es ist keine komplette Konkretion, sondern ein, leicht vom Waser gerundetes, großes Bruchstück einer flachen, im Ursprung sicherlich sehr länglichen Konkretion.
Der unweit von Charmouth geborgene und schwach von rezenten Serpeln bewachsene Stein zeigte am rechten Rand und an den Bruchkanten eine mehr oder weniger durchgehend erscheinende Schicht mit Ammoniten. Am Rand der Konkretion waren diese ersichtlich eingedrückt, die Ammoniten im Inneren würden jedoch körperlich erhalten sein, soviel stand fest. Am Beginn der Präparation stand die bange Frage: Von welcher Seite soll eigentlich präpariert werden? Hierzu bat ich Lizzie Hingley (Stonebarrowfossils.co.uk) um Rat, die schon viele solcher Konkretionen präpariert hat. Ihre Intuition, die in Abb. 2 gezeigte (etwas stärker gewölbte) Seite, die wohl die Unterseite der Konkretion darstellt, zu wählen, sollte sich als goldrichtig erweisen. Danke nochmals für den zielführenden Tipp! Von der anderen Seite wären die Ammoniten möglicherweise hoffnungslos mit der Schillschicht, in der sie liegen „verbacken“ und somit nicht freizulegen gewesen!
Nach Vorbild ihrer spektakulären Präparate an vergleichbaren Konkretionen entschied ich mich dazu, an den Rändern des Steins einen Steg stehen zu lassen, der später wie ein Bilderrahmen das erhoffte Ammonitenpflaster umgeben sollte. Dies ist sonst längst nicht bei jeder Präparation in dieser Art durchführbar und sieht außerdem um einiges spannender und künstlerischer aus als ein herkömmlich allseitig freigelegtes Pflaster. Das Nachahmen dieser guten Idee war nicht allzu schwer: Ich strahlte dazu einfach mit großer Düse (1,3 mm) und ordentlich Power unter Verwendung von Eisenpulver mit einem Abstand von rund 1 cm zum Rand zirka im 90° Winkel am ganzen Stein entlang in die Tiefe, bis ich tatsächlich auf die Konturen von Ammoniten stieß. Hier stoppte ich dann sofort beim Erreichen.
Abb. 3: Der Rahmen (frame) wird dem Präparator vom Umriss des Steins vorgegeben. Überall mit etwa gleichbleibendem Abstand einen Matrixsteg stehenzulassen, wird dem Präparat später eine kunstvolle Note verleihen.
Zunächst ging es mir bei den Arbeiten nicht darum, die einzelnen Ammoniten bereits vollständig freizulegen, sondern vor allem Orientierung zu gewinnen, wo und wie tief sie im Gestein verteilt liegen. Punktuell wurden Löcher, etwa im Ausmaß eines Quadratzentimeters mit dem Strahler angelegt. Hierbei zeigte sich, dass die Ammonitenschicht relativ konstant auf einer Ebene im Stein lag und keine Häufchenbildung erfolgt war, wie es mitunter in derartigen Konkretionen vorkommt, die teils auch mehre Schichten (layer) mit Ammoniten beinhalten können.
Abb. 4: Einblick in die angewendete Sondiertechnik. Um mit dem Strahler in dem relativ harten Gestein solche Löcher zu erzeugen oder gar flächig in der Tiefe abzutragen, muss man – je nach Härte der Konkretionen – bei der Vorarbeit den Druck schon auf 7-8 bar hochfahren, sonst passiert zu wenig und große Flächen sind nicht zu bewältigen. Bei Erreichen der Fossilien gilt es zu stoppen. Bei der später erfolgenden detaillierten Freilegung der Fossilien habe ich den Druck deutlich reduziert und mit feinerer Düse gearbeitet, um diese nicht zu stark mit dem Strahlgut abzuschleifen. Eine gewisse Rundung der Konturen ist auch mit geringerem Druck nicht zu verhindern, der Kalzit der Ammoniten ist leider nicht unendlich viel härter als das Gestein. Es kommt immer wieder zu Verlusten der hauchdünnen Schalenpartien. Zum Glück haben die Steinkerne zirka dieselbe Färbung, sodass dieses in der Gesamtschau nicht negativ auffällt. Da beim Sticheln die Trennfuge unter der Schale liegt, ist dieses keine Alternative zum Strahlen, zumal man in solchen Ansammlungen immer wieder Treffer an den Gehäusen produzieren würde.
Nach einer Vielzahl Strahl-Sondagen fasste ich den Mut, die dazwischen stehengebliebenen Gesteinsstege mit dem Druckluftstichel abzuflachen, was anschließend viel Zeit sparte. Die glänzenden Stichelspuren im folgenden Foto lassen erahnen, dass das Gestein pyrithaltig ist. Trotzdem ist der Mergelanteil offenbar hoch genug, um es mit brauchbarem Ergebnis zu strahlen. Fein im Sediment verteilte, härtere Gesteinspartikel werden beim Strahlen in entsprechend angepassten Winkeln„untergraben“ und fliegen dann letztlich zusammen mit dem weicheren Material weg.
Abb. 5: Beim vorsichtigen Wegsticheln der erhabenen Stellen zwischen den Sondagen hatte ich Glück, keine Ammoniten zu beschädigen. Man kann beim Sticheln von derartigen Ammonitengräbern auch Schiffbruch erleiden... insofern sollte gelten: im Zweifel sollte man sich für das Strahlen (und den höheren Zeitaufwand) und gegen das Sticheln entscheiden! Gerade dann, wenn man nicht den Luxus hat, mehrere Konkretionen zur Verfügung zu haben, sollte man besser gar nichts riskieren. Der Wunsch nach einem einigermaßen ökonomischen Umgang mit der verfügbaren Präparationszeit konkurriert aber – wie so oft beim Präparieren – mit dem Bedürfnis nach größtmöglicher Vorsicht.
Die Präparation wurde von mir in mehreren „prep sessions“, verteilt auf ein paar Wochen durchgeführt. Zwischendurch legte ich die Konkretion immer wieder in ein Wasserbad. Hierbei galt es darauf zu achten, jeweils erst anhaftendes Eisenpulver zu entfernen, damit Stein und Fossilien keinen Rost ansetzten. Das Wässern hat die Bewandnis, dass sich das Gestein in feuchtem Zustand etwas geschmeidiger mit dem Strahler abtragen lässt, den Fossilien bei der Freilegung also etwas weniger Strahldruck zugemutet werden muss. Die Konkretion musste stets rechtzeitig vor der Weiterarbeit aus dem Wasserbad genommen und ihre Oberfläche gründlich abgetrocknet werden. Der Zustand der Durchfeuchtung verfliegt zwar nach und nach bei der Weiterarbeit wieder, aber kurzfristig bringt das Wässern bei diesem Material merkliche Vorteile.
Abb. 6: Detailausschnitt des Steins nach dem Abwaschen. Die Fossildichte ist hier zufriedenstellend. Feine Details wurden bewusst in dieser Phase noch nicht freigelegt, da dies mit feineren Strahldüsen erfolgen sollte, sobald das Gros der Matrix zeitsparend mit größerem Düsendurchmesser entfernt worden sein würde.
Schließlich legte ich auch die untere „Bildhälfte“ frei. Hierbei setzte ein Hauch von Ernüchterung ein, da ein Bereich leider keine größeren Ammoniten, sondern nur die durchgängige Kleinschill-Schicht enthielt. Die nicht belegte Fläche war aber so klein, dass es dem Gesamteindruck zumindest nicht massiv schadet. Es lehrt einen gleichzeitig eine gewisse Demut, nämlich belegte Bereiche nicht als selbstverständlich hinzunehmen.
Abb. 7: Leider tauchten rechts unten beim Strahlen keine größeren Ammoniten auf – schade! Aber man kann es eben nicht erzwingen.
Jetzt wusste ich schon ziemlich genau Bescheid, wie das Resultat ausfallen würde und die Fertigstellung war nur noch reine Fleißarbeit. Mit feineren Düsen (0,8 und 1,0 mm) und geringerem Druck – 3 bis 4 bar waren allerdings durchaus nötig, um auch sichtbaren Abtrag zu erzielen – wurden Ammonit für Ammonit Sedimentreste entfernt.
Abb. 8: Die erste Hälfte war nun fast fertiggestellt. Ins Auge sticht der prominente Serpelbewuchs eines Promicroceras ziemlich weit oben im Bilderrahmen – passend zu den rezenten Serpeln am Rand des Steins.
Auch an der anderen Hälfte konnte nun mit der feinen Düse gestrahlt werden – so lange bis das Freilegungspotenzial weitgehend erschöpft war. Man findet doch immer noch Winkel, in denen noch Seidment steckt. Wann man „fertig“ ist, ist daher bei so einem Ammonitengrab gar nicht so leicht zu entscheiden.
Nach Beendigung der Präparation wurden die Fossilien im Freien mit feinen Pinseln einzeln fluatiert. Hierzu diente Rember Steinpflegemittel. Rember wird nicht mehr hergestellt – Steinkern-Korrektor Fritz Hasenburger hat mir seinen Restbestand freundlicherweise überlassen.
Abb. 9: Fluatieren der Ammoniten.
Insgesamt steht am Ende der geschätzt gut 10-stündigen Präparation ein schönes Exponat zu Buche: Die berippten Ammoniten sind überwiegend Angehörige der Gattung Promicroceras, die glatten Formen zählen zur Gattung Cymbites. Der Ammonit am Rand direkt neben dem Promicroceras mit dem Serpelbewuchs ist ein Caenisites. Gezählt habe ich die Ammoniten übrigens nicht...
Abb. 10: Das fertige Präparat: 22,5 cm x 11 cm.
Abb. 11: Detailansicht. Serpelbewuchs kommt bei den Ammoniten in diesen Konkretionen immer wieder vor. Der vergleichsweise große Ammonit am Rand des Steins links neben dem Serpel bewachsenen Promicroceras ist – wie schon erwähnt – ein Caenisites.
Achtung, Kalauer: Damit alles „im Rahmen bleibt“, ... möchte ich meine Ausführungen an dieser Stelle beschließen.
![Wink ;-)](./images/smilies/icon_wink.gif)
In gespannter Erwartung der nächsten Türchen, grüßt Euch
Sönke